Gezeichnet von den letzten Tagen und mit leicht gesenktem Kopf spricht Sean «Diddy» Combs direkt in die Kamera. «Es tut mir wirklich leid», sagt er am Ende seiner gut einminütigen Videobotschaft, in der er sich für einen tätlichen Angriff entschuldigt, offensichtlich auf seine Ex-Freundin, die R&B-Sängerin Cassie. Der US-Rapper reagierte mit dem Post auf ein Überwachungsvideo aus dem Jahr 2016, aus einem Hotel, das seit Freitag durch die Medien kursiert. Der US-Sender CNN hatte das Video mit den schockierenden Gewaltszenen auf einem Hotelflur veröffentlicht.
«Mein Verhalten in dem Video ist unentschuldbar», teilte Combs in seiner Aufzeichnung auf Instagram seinen Millionen Followern mit. Er übernehme «volle Verantwortung» für sein Verhalten und sei damals wie heute davon angewidert. Der Rapper bezeichnete diese Aufnahmen als eine seiner «dunkelsten» Zeiten in seinem Leben und als absoluten Tiefpunkt, nachdem er Hilfe gesucht und sich in Therapie sowie in eine Entziehungskur begeben habe.
Die Aufnahmen aus dem Hotel zeigen offensichtlich, wie Combs auf dem Flur eines Hotels seine damalige Freundin Casandra Ventura misshandelt. In den Aufzeichnungen ist deutlich zu erkennen, wie er die Frau schlägt, zu Boden wirft, mehrfach auf sie eintritt und das Opfer weiter über den Boden durch den Gang zieht. Die Frau, die offenbar das Hotel verlassen wollte, ging zuvor voll bekleidet und mit zwei Taschen in Richtung Aufzug. Combs läuft ihr hinterher, nur auf Socken und mit einem Handtuch um die Hüfte gewickelt, um sie aufzuhalten.
Zivilklage und Vergleich
Die Sängerin Ventura, bekannt unter dem Künstlernamen Cassie, hatte schon zuvor rechtliche Schritte eingeleitet. In einer Zivilklage wirft sie ihrem ehemaligen Partner Combs unter anderem sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung, Einschüchterung und körperliche Gewalt während ihrer langjährigen Beziehung vor. Cassie und Combs einigten sich im vorigen November allerdings auf einen Vergleich. Vorwürfe von Gewalt wies der Musiker seither bis zum Erscheinen des Videos vehement zurück.
Die Veröffentlichung der Aufnahme aus dem Hotel hat nun Combs bisheriges Narrativ zerschlagen. So reagierte der Anwalt von Cassie, Douglas Wigdor, nach der Veröffentlichung des Videos am Freitag mit einer Stellungnahme, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Darin schrieb er, dass das «herzzerreißende Video» ein weiterer Beweis für das «verstörende» Verhalten von Combs sei. Wigdor verwies auf den «Mut» und die «Stärke» seiner Mandantin, dieses Verhalten ans Licht zu bringen.
Cassie ist außerdem nicht allein. Mehrere Frauen hatten in der Vergangenheit schon ähnliche Vorwürfe gegen Combs hervorgebracht, jedoch ohne wirklichen Erfolg, die der Karriere geschadet hätten. Combs gilt als einer der erfolgreichsten Vertreter der Hip-Hop-Branche, welcher zudem auch als Plattenproduzent, Schauspieler und in anderen Geschäftsfeldern wie der Modebranche erfolgreich war und bislang entsprechende Vorwürfe immer zurückwies.
Klagen wegen Vergewaltigung und Missbrauch
Erst im vorigen September war Combs («Bad Boy for Life», «I’ll Be Missing You») bei den MTV Video Music Awards groß gefeiert worden. Bei den alljährlichen Feierlichkeiten mit den berühmtesten Persönlichkeiten der Szene wurde seine Karriere und Einfluss auf die Musikwelt mit dem «Global Icon Award» ausgezeichnet. Doch dann musste sich der Hip-Hop-Star mit mehreren Zivilklagen wegen Vergewaltigung und Missbrauchs auseinandersetzen.
Im Dezember 2023 reichte eine nicht namentlich genannte Frau eine Klage ein. Sie warf Combs und zwei weiteren Männern vor, sie im Alter von nur 17-Jahren im Jahr 2003 in dem New Yorker Studio des Rappers unter Drogen gesetzt und vergewaltigt zu haben. Bald darauf nahm Combs problematischer Charakter mehr an Gestalt an, als aus dem engeren Umfeld weitere gravierende Vorwürfe an die Öffentlichkeit gelangten. So reichte im Februar der Produzent Rodney «Lil Rod» Jones, der mit Combs an dessen Grammy-nominierter Platte «The Love Album: Off the Grid» arbeitete, Klage vor einem Bundesgericht in New York ein.
Darin wirft er Combs vor, ihn in einem Zeitraum von über einem Jahr sexuell belästigt, unter Drogen gesetzt und bedroht zu haben. Jones habe zudem auch mehrfach miterlebt, wie der Rapper, seine Mitarbeiter und andere Menschen «ernsthaft illegalen Aktivitäten» nachgegangen wären, zitierte der Sender NBC aus der Klage.
Im März sorgten folglich Razzien in Los Angeles und in Miami für Schlagzeilen. US-Ermittler durchsuchten dort die Häuser des Rappers. Die näheren Hintergründe dieser Durchsuchungen wollte die Behörde Homeland Security Investigations (HSI) aber zunächst nicht mitteilen. Combs Anwälte reagierten zudem prompt und sprachen von einer «Hexenjagd» als Folge «unbegründeter Anschuldigungen», die in Zivilklagen gegen Combs erhoben worden seien. Der Musiker sei unschuldig und werde dafür kämpfen, seinen Namen reinzuwaschen.
Quellen: Mit Material der dpa.